„Es ist zu erwarten, dass immer mehr deutsche Unternehmen ihre Produktion in den USA ansiedeln.“ Interview mit Dr. Sebastian Theopold
7. November 2024Autor
Marisa Elsäßer
MEINUNG
Ist die Marke noch zu retten? 5 Thesen von Dr. Werner Motyka
Artikel
Seit 2021 haben Handelsmarken ihren Anteil am Gesamtmarkt stetig ausgebaut. Mit der Inflation haben viele Verbraucher:innen im Supermarkt weniger Marken und zunehmend die günstigeren Eigenmarken der Händler gekauft. Die aktuellen Marktforschungsdaten zeigen jedoch, dass die Handelsmarken-Welle nach drei Jahren wieder zum Stillstand kommt. Maßgeblich dafür ist vor allem eine Erholung der Netto-Kaufkraft der Konsument:innen, die jetzt wieder über der Inflationsrate liegt. Können die Herstellermarken jetzt verlorenes Terrain zurückerobern? Es erscheint durchaus fraglich, ob es der Mehrzahl der Markenhersteller gelingt, die Schwäche der Handelsmarken für ein echtes Revival der Herstellermarken zu nutzen. Unser Branchenexperte Dr. Werner Motyka hat fünf Thesen zur Zukunft der Marke aufgestellt.
„Nur eine konsequente Differenzierung – sei es durch Zutaten, Rezepturen oder Verpackungen – kann Marken stark halten.”
Dr. Werner Motyka, Partner bei Munich Strategy
1. Die Marken haben ein Innovationsdefizit!
Aktuelle Statistiken zeigen und Gespräche mit CEOs und CMOs bestätigen, dass die meisten Hersteller ein Defizit in ihrer Innovationspipeline haben. Die Verlagerung ins Homeoffice während der Pandemie war dem Innovationsfunnel nicht zuträglich. Gleichzeitig hat der Lebensmitteleinzelhandel während der Pandemie und der Food-Inflation auf Sicherheit umgestellt und sich mit Neulistungen, aber auch Start-ups zurückgehalten. Jetzt fehlen die Innovationen, die die Konsumenten vom Mehrwert der Marken überzeugen könnten. Marken müssen Mut aufbringen und Zeit investieren, um wieder wirklich kreativ zu sein.
2. Die Marken sind zu langsam!
In allen Lebensbereichen erleben die Konsumenten eine Steigerung der Geschwindigkeit. Auch die Bereitschaft, sich neuen Dingen zuzuwenden ist – gerade bei den jüngeren Generationen – deutlich gestiegen. Die Herstellermarken haben diese Beschleunigung nicht im selben Umfang in ihren Prozessen mitgemacht. Während die Händler mit ihren Lieferanten im Umsetzen neuer Eigenmarken-Konzepte trotz gestiegener Professionalität immer noch sehr schnell sind, können Markenartikler das Tempo nur teilweise mithalten. Ein positives Beispiel ist Lindt, dessen „Dubai-Schokolade“ auf Initiative junger Mitarbeitender entwickelt wurde. Das ermöglichte dem Unternehmen, schnell vom Social-Media-Hype um die Schokolade zu profitieren. Schnelligkeit ist heute ein enormer Wettbewerbsvorteil. Das heißt auch: mehr Risiko wagen.
3. Viele Marken haben Defizite in Positionierung und Alleinstellung!
Krisenzeiten offenbaren Schwächen in der Marken-Positionierung. Nur eine konsequente Differenzierung – sei es durch Zutaten, Rezepturen oder Verpackungen – kann Marken stark halten. Eine ehrliche Standortbestimmung über Relevanz und Daseinsberechtigung der Marke sowie eine konsequente Verteidigung und Weiterentwicklung der Differenzierung gegenüber Handelsmarken sind dafür der Schlüssel, wurden aber zuletzt nicht bei allen Marken konsequent umgesetzt. Nur in wenigen Segmenten werden sich starke Marken dauerhaft behaupten können. Und dafür muss der Markenkern permanent weiterentwickelt werden: „Tradition erhöht keine Marktanteile!“ (R. Kecskes, CPS-GfK)
4. Der Margendruck fordert mehr Effizienz der Marke!
Wenn die Preise der Herstellermarken die Zahlungsbereitschaft der Konsument:innen übersteigen, weil diese deren Mehrwert nicht mehr wahrnehmen, müssen Kosten gesenkt und Margen überdacht werden. Kostenführerschaft, wie sie z.B. Dr. Oetker anstrebt, wird zum zentralen Erfolgsfaktor. Für viele Markenhersteller verdichtet sich die Erkenntnis: „Die fetten Jahre sind vorbei.“
5. Marken müssen die 360°-Customer-Journey meistern!
Der große distributive Vorteil von Herstellermarken besteht darin, dass sie nicht an einen Händler gebunden sind. Die Verfügbarkeit an allen denkbaren Touchpoints für die Konsumenten-Zielgruppe ist daher Pflicht! Marken müssen überall dort präsent sein, wo Konsumenten heute suchen und kaufen – ob im LEH, der Gastronomie, D2C oder im Vending. Vor allem wenn es ganz schnell zum Konsumenten gehen soll, wie zum Beispiel bei der „Schoko & Gras” von Ritter oder der Dubai-Schokolade von Lindt, sind direkte Kanäle wie der eigene Store oder Onlineshop wichtig.
Fazit: Die Zukunft der Marken hängt davon ab, wie schnell und mutig sie sich an neue Herausforderungen anpassen. Geschwindigkeit, Innovationskraft, klare Differenzierung und eine omnipräsente Begleitung der Customer Journey sind dabei als Schlüssel zum Erfolg erkennbar. Es wird spannend zu sehen, welche Herstellermarken sich auf Dauer im Wettbewerb mit professionellen Handelsmarken behaupten können und wie sie sich dabei weiterentwickeln.
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Dr. Werner
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