Whitepaper: Spanien – Der unterschätzte Wachstumsmarkt für deutsche Bauzulieferer. Warum sich die Expansion lohnt und wie sie gelingt.
4. November 2024Autor
Marisa Elsäßer
INTERVIEW
„Es ist zu erwarten, dass immer mehr deutsche Unternehmen ihre Produktion in den USA ansiedeln.“ Interview mit Dr. Sebastian Theopold
Interview
Das Jahr 2024 stellt den deutschen Mittelstand vor noch nie dagewesene Herausforderungen. Die Stimmung bleibt angespannt, und die Prognosen sind vorsichtig. Zusätzlich zum grundlegenden Transformationsbedarf gibt es geopolitische Umwälzungen, die fast alle Bereiche der Unternehmensführung betreffen: von Energie und Rohstoffen über Technologie und Märkte bis hin zu Fachkräften. Wie schlägt sich der Mittelstand derzeit und was machen die besten Unternehmen anders? Diese Frage haben wir Dr. Sebastian Theopold gestellt, der seit über zehn Jahren mit dem „TOP 100 Ranking des Mittelstands“ für das Handelsblatt die wachstums- und ertragsstärksten Mittelständler auszeichnet.
„Die „TOP 100“ reagieren nicht nur, sondern gehen gezielt in die Offensive. Durch Investitionen in zukunftsweisende Technologien wie Automatisierung und Nachhaltigkeit sichern sie ihre Wettbewerbsfähigkeit langfristig ab.”
Dr. Sebastian Theopold, Mittelstandsexperte bei Munich Strategy
Wie würdest du die aktuelle Stimmung im deutschen Mittelstand beschreiben?
Theopold: Die Lage ist angespannt. Eine vor kurzem von uns durchgeführte Umfrage zeigt, dass weniger als 10% der Entscheider glauben, die deutsche Wirtschaft werde sich in den nächsten zwei bis drei Jahren signifikant erneuern. Neben großen Herausforderungen wie der Dekarbonisierung, Digitalisierung und dem demografischen Wandel kommen auch geopolitische Unsicherheiten hinzu, besonders im Wettbewerb mit China. Angedrohte Strafzölle auf chinesische Elektroautos verschärfen das Klima zusätzlich. Der deutsche Mittelstand muss weiterhin mit der Polykrise zurechtkommen – ein komplexes Zusammenspiel multipler Krisen, das strategische Klarheit und Flexibilität erfordert. Die „TOP 100“-Unternehmen, die wir jährlich auszeichnen, machen es vor und zeigen, wie Krisen erfolgreich navigiert werden können.
Wie sehr belastet der schwache Export die Unternehmen und welche Märkte bieten in Krisenzeiten noch Stabilität?
Theopold: Der schwache Export, insbesondere die rückläufige Nachfrage aus China, trifft viele hart. Zugleich verzeichnen wir einen Rekord deutscher Direktinvestitionen in China. Das zeigt, dass Unternehmen dort Marktbarrieren umgehen, indem sie nach dem Prinzip „Local for local“ vor Ort produzieren. In den USA schuf der Inflation Reduction Act neue Anreize, weshalb deutsche Unternehmen auch hier zuletzt immer mehr investierten. Die neue Präsidentschaft von Donald Trump stellt jedoch den exportorientierten deutschen Mittelstand vor erhebliche Herausforderungen. Es ist zu erwarten, dass immer mehr deutsche Unternehmen ihre Produktion in den USA ansiedeln und ihre Wertschöpfungsketten dort stärken, um protektionistische Maßnahmen zu vermeiden.
Auch der europäische Markt bleibt wichtig. Angesichts der multiplen Krisen wächst jedoch das Bewusstsein, dass keine Stabilität garantiert ist. In unseren Kundenprojekten denken wir deshalb auch „Worst-Case“-Szenarien mit – ein Paradigmenwechsel, der aber erst am Anfang steht.
Siehst du Anzeichen einer Erholung für das nächste Jahr und welche Rolle spielt die Politik dabei?
Theopold: Eine nachhaltige Erholung wird auf sich warten lassen, denn die Herausforderungen sind tiefgreifend. Das Investitionsklima ist wegen der hohen Zinsen und geopolitischer Unsicherheiten angespannt, auch wenn wir hier für 2025 eine leichte Erholung erwarten. Ein großer Hebel, den die Politik betätigen könnte, wäre der Bürokratieabbau. Die derzeitigen Strukturen hemmen Flexibilität und Innovationskraft. In Gesprächen mit Unternehmenschefs höre ich immer wieder den Ruf nach einem Ministerium für Entbürokratisierung. Strukturelle Veränderungen sind dringend notwendig.
Gibt es trotz der aktuellen Lage Mut zu Innovation und Investitionen?
Theopold: Ja, besonders bei den „TOP 100“-Unternehmen, die oft Nischenmärkte dominieren und gerade jetzt als Vorbilder fungieren. Diese Unternehmen stehen für Qualität, technologische Exzellenz und Innovationskraft. Ein Beispiel ist Nagarro, ein globaler Marktführer für digitale Technologielösungen, der auf maßgeschneiderte Innovationen in der Software- und Datenanalyse spezialisiert ist. Auch Denker & Wulf, ein führender Windparkentwickler, zeigt, wie Unternehmen zur Energiewende beitragen und sich mit nachhaltigen Ansätzen erfolgreich behaupten können. Sie sind Beispiele dafür, wie Innovation auch in einem schwierigen Umfeld gelingen kann.
Was macht die „TOP 100“ so besonders in puncto Geschäftsmodelle und Transformation?
Theopold: Die „TOP 100“ zeichnen sich durch ihre Fähigkeit aus, Geschäftsmodelle frühzeitig anzupassen und kontinuierlich zu verbessern. Sie zeigen Innovationskraft und strategisches Denken – auch in Krisenzeiten. Diese Unternehmen reagieren nicht nur, sondern gehen gezielt in die Offensive. Durch Investitionen in zukunftsweisende Technologien wie Automatisierung und Nachhaltigkeit sichern sie ihre Wettbewerbsfähigkeit langfristig ab.
In der „TOP 100“-Liste sind in diesem Jahr viele Elektronik-Spezialisten vertreten. Was sind die Erfolgsfaktoren dieser Branche?
Theopold: Die Elektronik- und Halbleiterindustrie setzt auf technologische Spitzenleistung und Innovation. „Made in Germany“ steht hier für Qualität und Präzision. Unternehmen wie iC-Haus und Aixtron haben sich durch kontinuierliche Forschung und kundenspezifische Lösungen als Technologieführer positioniert. In Zeiten der wachsenden Nachfrage nach Lösungen für Elektromobilität und Automatisierung wird ihre Innovationskraft zum klaren Wettbewerbsvorteil.
Trotz der Schwierigkeiten behaupten sich einige Baufirmen in den „TOP 100“. Worin liegt ihr Erfolgsgeheimnis?
Theopold: Die Bauwirtschaft verzeichnet mit insgesamt 18 Champions sieben mehr als im Vorjahresranking. Der Anstieg ist jedoch teilweise auf die gestiegenen Materialpreise nach der Coronapandemie zurückzuführen, durch die auch die Umsätze stiegen. Starke Bauunternehmen setzten früh auf Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Nemetschek, ein Pionier im Bereich BIM, und Aluplast, bekannt für seine energieeffizienten Fenstersysteme, stehen exemplarisch für die Innovationskraft der deutschen Bauindustrie. Die Kombination aus Ressourcenschonung und digitalen Prozessen gibt diesen Unternehmen die nötige Flexibilität und Widerstandsfähigkeit.
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Dr. Sebastian
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